Wurde Beirut möglicherweise mit einer (israelischen) Atombombe angegriffen?

Niki Vogt auf Telegram folgen

von Niki Vogt

Es ist nur wenige Tage her, dass die libanesische Hauptstadt von zwei schweren Explosionen erschüttert wurde. Die Tagesschau geriet in die Kritik, weil sie dieses grauenhafte Ereignis nur am Rande, sehr kurz und nach dem Fußball brachte, als sei es nur ein kleines Ungemach. Zuschauer fragten zu Recht, wie denn berichtet worden wäre, wenn das gleiche in den USA geschehen wäre.

Sehr schnell, schon am nächsten Tag, hieß es, ein Lager mit 2750 Tonnen Ammoniumnitrat in die Luft geflogen sei. Und viele Hauptmedien sprachen nur von einer Explosion. Es waren aber eindeutig zwei verheerende Detonationen. Und das ist der Grund, warum viele denken, dass es wenig wahrscheinlich ist, dass zwei so wuchtige Explosionen direkt hintereinander in zufällig geschehen. Oder waren es zwei Explosionen am selben Ort?

Nun kursieren Videos, in denen man eine Bombe (ab Sekunde 5) im Anflug sieht. Andererseits ist heute vieles an Videofälschung möglich:

Es gibt aber mehrere dieser Videos, die aus ganz anderen Winkeln dasselbe aufzeichnen. Es wird sogar behauptet, dass Teile der Rakete gefunden worden sein sollen, die vor der Kamera präsentiert werden. Ob dieses Video aber vom Explosionsort in Beirut stammt?

Warum hier eine Infrarotkamera am Tage verwendet wird, erschließt sich zwar nicht, ist aber kein Beweis, dass es nicht passiert ist. Die Braut auf einem der Videos wird von der Druckwelle umgeworfen. Später hat sie zu diesem Erlebnis ein Interview in gutem Englisch gegeben.

Die Bilder der Verwüstung in großem Umfang um die Explosionsstelle sind grauenhaft.

Es ist entsetzlich, was den Menschen dort widerfahren ist.  Selbst vier Tage nach der Explosion sind immer noch mehr als 60 Menschen vermisst.  Ein Vertreter des Gesundheitsministeriums sprach am Samstag von 154 bestätigten Toten und mehr als 60 Vermissten. Rettungskräfte aus dem Libanon, Deutschland, Frankreich, Russland und vielen anderen Ländern suchten in den Trümmern weiter nach Überlebenden. Das deutsche THW ist vor Ort. Den Rettern bieten sich grauenhafte Bilder. Das Ausmaß der Schäden bezeichnen sie als atemberaubend. THW Sprecherin Georgia Pfleiderer ist im Einsatzgebiet und sagte der Presse, von allen Auslandseinsätzen sei das , was sie in Beirut sehe „vom Ausmaß des Schadens das Größte, was ich bisher gesehen habe“.

Wie schon durch die Videos oben angedeutet, erhebt sich ein unheimlicher Verdacht. Der libanesische Präsident Michel Aoun äußerte ihn vage und sprach von möglicher    „ausländischer Einmischung“. Der Merkur schreibt:

Präsident Michel Aoun erklärte am Freitag vor Journalisten, bei den Ermittlungen solle untersucht werden, ob die Explosion durch Fahrlässigkeit verursacht worden sei. Es solle aber auch geprüft werden, ob es möglicherweise eine „ausländische Einmischung“ durch eine Rakete oder Bombe gegeben habe. Dafür gibt es allerdings bislang keinerlei Anzeichen. (…) So soll es durchaus möglich sein, dass die Explosionen „durch äußere Einwirkung, mit einer Rakete oder eine Bombe“ ausgelöst wurden, erzählte der Machthaber in einem TV-Interview am Freitag. Gleichzeitig wird aber weiter ermittelt, ob ein fahrlässiges Verhalten bei der Lagerung hochexplosiven Materials vorgelegen haben könnte.

Nun, das stimmt nicht ganz. Es gibt Anzeichen. Jedoch keine Beweise. Unklar ist, warum der libanesische Präsident von vorneherein mit dem negativen Attribut „Machthaber“ geschmückt wird. Interessant ist jedoch die Ansicht des Sprengstoffexperten Wolfgang Spyra von der Brandenburgischen Universität Cottbus. Seiner Meinung nach ist die Lagerhalle mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur durch Ammoniumnitrat explodiert:

Denn auf den Aufnahmen sei eine schwarze Wolke zu sehen. „Die würde sich nicht alleine erklären lassen durch Ammoniumnitrat“, sagte Spyra der Deutschen Presse-Agentur. „Vielleicht waren es pyrotechnische Artikel, die dort gelagert sind.“ Beide Materialien hätten etwa bei Schweißarbeiten entzündet werden können.

Und dann liefert der Merkur so ganz nebenbei noch das hier:

Ammoniumnitrat-Lager der Hisbollah auch in Deutschland: Offenbar gab es auch in Deutschland ein Lager mit Sprengstoff wie jenes, das nun in Beirut explodiert ist. Das hat das Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigt. Es soll sich demnach in Süddeutschland befunden haben, jedoch bereits 2016 von den Sicherheitsbehörden aufgelöst worden sein. Über den genauen Ort schweigt der Verfassungsschutz – ebenso über mögliche weitere Funde. „Dazu können aus Gründen des Schutzes operativer Belange der deutschen Sicherheitsbehörden keine Angaben gemacht werden“, zitiert zeit.de entsprechende Quellen.

Die US-Seite Veterans today hatte sofort und von Anfang an einen Bombenangriff der Israelis vermutet. Unter dem Titel „Israel Trifft Beirut mit einer nuklearen Rakete, Trump und die libanesische Regierung bestätigen das“ (Trump hat diese Behauptung später zurückgezogen). Veterans today wartet auch mit einem Beweisfoto auf, das eine Missile im Anflug zeigt und von dem sie versichern, dass es nicht bearbeitet oder verfälscht sei:

Die Pixelanalyse besage, dass sie Rakete nicht hineinkopiert sei:

Dann hat Veterans Today noch dieses Foto, das von einer Infrarotkamera aufgenommen sein soll. Während alles andere relativ unscharf aussieht, ist die Rakete hier erstaunlich klar in allen Details zu sehen, was mehr als mehr als merkwürdig erscheint. Ich bin da nicht fachkundig, aber für mich sieht die Rakete eher reingebastelt als echt aus, aber ich kann mich da irren.

Und dann noch dieses Bild (auch von einer Infrarotkamera):

Angeblich wollen Experten diesen Marschflugkörper als eine israelische „Delilah Missile“ identifiziert haben. Diese Raketen tragen einen atomaren Sprengkopf mit einer Sprengkraft, die 6.000 Tonnen TNT entspricht. Die ganze Rakete wiegt 187 Kilo, ist 2,71 Meter lang und 30 Zentimeter im Durchmesser dick. Der Sprengkopf wiegt 30 Kilo, die Flügelspannweite  beträgt 1,15 Meter. Das Riesending da auf dem Fotos hat im Vergleich zu den Gebäuden unten in der Stadt die Länge eines Super-Zeppelins. Die Maße stimmen meiner Meinung nach nicht. Und außerdem ist es genau dasselbe Bild der Rakete, wie auf dem Foto darüber.

Veterans today behauptet, die erste Explosion sei von einer israelischen „Gabriel-Anti-Schiff-Rakete“ verursacht worden, die Zweite von besagter Delilah-Missile von einem F16-Kampfjet aus. Als weiteren Beleg zeigt  Veterans Today die Strahlungssignatur der Explosion, die von einer Quelle in Italien (Sizilien) aufgenommen worden sei:

Wirklich belastbares ergibt das Bildschirmfoto nicht. Im Übrigen sind Hilfsorganisationen aus allen möglichen Ländern vor Ort und der Libanon hat auch sicher eine ABC-Einheit in der Armee. Um festzustellen, ob es wirklich radioaktive Strahlung am Ground Zero in Beirut gibt, brauch man nur einen Geigerzähler auszupacken und das hat die libanesische Armee garantiert schon gemacht. Das hätte der Libanon mit Sicherheit auch schon weltweit kundgetan, wenn da eine Atombombe – auch eine kleine – eingeschlagen wäre.

Andererseits könnte es vielleicht schon ein israelischer Anschlag gewesen sein – wenn auch kein nuklearer – , denn der israelische Regierungschef hat eine sehr klare Ansage an die Hisbollah geschickt:

Der Text dazu lautet : „Mit Bezug auf die scharfen Spannungen an der Nordgrenze warnt Netanjahu die Hisbollah. Netanjahu sagte, er werde alles tun, was nötig ist, um „uns zu verteidigen“. eine offensichtliche Warnung an die Hisbollah und das erklärt die Explosionen in …“

Was aber immer noch keinen israelischen Raketenangriff belegt.

Experten können diese Erscheinungsform des enormen Explosionspilzes nicht ohne weiteres einer Zündung von Ammoniumnitrat zuschreiben:

Ein Experte kommentierte auf Sky News Twitter die Bilder aus Beirut folgendermaßen:

„The red smoke make me suspicious. UDMH and RFNA (Unsymetrical Dimethyl-Hidrazine & Red-Fuming-Nitric-Acid) burn with a very distinct dark red smoke. And guess what, that stuff is commonly unsed as a propellant for ballistic missiles …“

Übersetzung:
Der rote Rauch macht mich misstrauisch. UDMH und RFNA (…) brennen mit einem ganz eigenen dunkelroten Rauch. Und raten Sie mal was, dieses Zeug benutzt man normalerweise als Treibstoff für ballistische Raketen.

Tatsächlich findet man bei Wikipedia zu UDMH:
„1,1-Dimethylhydrazin ist die brennbare Komponente (Heptyl, russ.) flüssiger hypergolischer Raketentreibstoffe, wenn es zusammen mit den Oxidatoren Distickstofftetroxid (Amyl, russ.) oder RFNA (rauchende Salpetersäure, AK-27I oder Mélange, russ.) verwendet wird.

In einem Zweiten Artikel, ebenfalls vom 07. August 2020 beruft Veterans Today sich auf eine Geheimdienstquelle. Diese Quelle gibt an zu wissen, wie der (angebliche) israelische Angriff gelaufen sein soll. Die ganze Sache sei jahrelang geplant gewesen. Das angebliche Ammoniumnitrat sei möglicherweise irgendein Sand oder anderes Material, über mehrere nicht nachvollziehbare Quellen und mit falschen Frachtpapieren aus Georgia nach Beirut gekommen. Seiner Meinung nach habe entweder der Mossad oder die CIA die ganze Sache geplant und durchgezogen. Man habe ganz gezielt das angebliche Ammoniumnitrat-Sprengstofflager im Beiruter Hafen durch eine trickreiche Operation hergestellt, um einen Deckmantel für ihren Angriff zu haben.

Der Geheimdienstmann hält es für ausgeschlossen, dass der Beiruter Hafen eine ganze, teure Lagerhalle kostenlos jahrelang voll mit säckeweise Zeug liegen lässt, ohne jede Bezahlung und  ohne jeden Eigentümernachweis oder Papiere. Und wenn die Miete ausbleibe, würde das Zeug nach einem Jahr versteigert. Außerdem wisse die Hisbollah ganz genau, was in den Lagerhallen so Interessantes liegt und er meint, dass die Hisbollah schon nach den ersten Monaten das sprengstoff-fähige Ammoniumnitrat geplündert hätte – und weitere Dutzend von Milizen und Schmugglerbanden „und ihre 17 Cousins“ hätten sich das Zeug geholt. Man müsse überdies wissen, dass da im Hafen jede Menge israelischer Agenten beschäftigt sei, die ebenso über alles Bescheid wüssten und überall ihre Finger drin haben. Er würde es nicht für ausgeschlossen halten, dass die ganze Operation eine Gemeinschaftsaktion der Israelis zusammen mit der USA gewesen sei.

Nun, das hört sich ganz danach an, als würden wir nie erfahren, was da wirklich passiert ist. Denn die USA hat an der Zerstörung des Hafens von Beirut durchaus auch Interesse. Die Rivalität zwischen der Noch-Weltmacht-Nummer-eins USA und der Bald-Weltmacht-Nummer-Eins China verschärft sich immer weiter.

Im Aufbau des großen Neue-Seidenstraße-Projekts Chinas spielt der Hafen von Beirut eine wichtige Rolle, gerade beim Handel mit Europa. Die staatliche chinesische Schifffahrtsgruppe COSCO fährt seit einem Jahr auf der neuen Route von China in’s Mittelmeer libanesische Häfen an. China hat in den letzten Jahren laut den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sechs Delegationen in den Libanon geschickt und ein „Konfuzius-Institut“ in Beirut gegründet. Chinas Botschafter Wang Kejian schmeichelte dem Libanon und sagte, „Der Libanon kann zu einer bezaubernden Perle der Neuen Seidenstraße werden“. Beirut würde für die Seewege der Neuen Seidenstraße, auch das „One Belt one Road Projekt“ genannt, eine bedeutende Rolle spielen. Auch Syrien würde enorm davon profitieren und einen vollumfänglichen Wiederaufbau im Wert von 200 Milliarden Dollar  erfahren können.

Dass China die Explosionen von Beirut durchaus als gegen das Seidenstraßenprojekt gerichtet sieht, zeigt sich darin, dass Peking nach der Katastrophe von Beirut sofortige Sicherheitsmaßnahmen für seine eigenen Häfen ergriffen hat. Einem Bericht der Global Times zufolge ordnete Peking noch am selben Tag eine Sicherheitsinspektion in seinen Häfen an, in den Industrieparks, Lagerhäusern und überall, wo gefährliche und giftige Stoffe gelagert sind. Überdies fürchtet man, dass der wichtige Umschlagplatz Libanon nicht mehr funktionstüchtig sein könnte.

Beirut ist die größte Abfertigungsstelle für die Schifffahrt im Libanon. Hier laufen die Handelsrouten aus Europa, Afrika und Asien zusammen. Von hier aus gehen die Handelsrouten zu Dutzenden von Häfen auf den drei Kontinenten und Schiffe aus 300 Häfen aus der ganzen Welt fahren hier ein und aus. Die Katastrophe von Beirut ist auch für die europäischen Seerouten ein schwerer Schlag. Der zweitgrößte libanesische Hafen, Tripolis, ist viel zu klein, um mit diesen Volumina umzugehen.

Wir werden wahrscheinlich bald sehen, dass China sich stark im Wiederaufbau Beiruts engagiert. Darüber hinaus ist Beirut möglicherweise ein Fanal, dass die anderen Häfen des Seidenstraßenprojektes zukünftig sehr viel Augenmerk auf ihre Sicherheit richten werden.