Spurensuche zur Beiruter Explosion: War es doch eine Mini-Atombombe?

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von Niki Vogt

Die verheerende Explosion in Beirut hat über 200 Todesopfer gefordert und eine Unzahl von Verletzten, und die Welt hat das Mitleid mit den Beiruter Bürgern wirklich tief gespürt. Wie viele Familien trauern um ihre Angehörigen, wie viele Verletzte kämpfen noch um ihr Leben, wie viele sind für immer geschädigt und werden nie wieder sein wie zuvor. Es ist eine unglaubliche Tragödie. Dann sucht man gern und schnell nach einem Schuldigen und die Wucht der Explosion lässt bei vielen den Verdacht aufkommen, es könne eine nukleare Mini-Bombe gewesen sein. Aber gibt es dafür Beweise?

Die Seite „Veterans Today“ hatte diesen Verdacht eigentlich von Anfang an. Nun legt sie noch einmal nach. Einige Anhaltspunkte führen sie ins Feld: Die VT-Redaktion hatte aufgrund der Daten, die eine Mini-Nuke Bombe kennzeichnen, eine Kratertiefe von 12 bis 14 Metern am Explosionsort geschätzt. Tatsächlich habe die Washington Post die erste, offizielle Schätzung von 45 Metern Kratertiefe auf 14 Meter revidiert. Weiterhin führt die Veterans Today an, dass an dem Tag israelische Flugzeuge über dem Beiruter Hafen in der Luft waren. Und sie werten die Tatsache, dass Videos von Raketen in der Luft im Internet blockiert wurden.

Nun spricht Veterans Today von einer Nuklearwaffe im Bierdosenformat, die eine nukleare Explosion von bis zu knapp 10 Kilotonnen erzeugen können, angeblich ohne Reststrahlung und nur sehr kleine Brennstoffblitze erzeugen. Es handle sich um die neue Dimona-Mikro-Atombombe, die auch im Stealth-Modus eingesetzt werden könne, also quasi nicht als Atombombe identifizierbar sei.

Auf Voltairenet.org gab es schon 2018 einen Artikel, in dem von der neuen Generation der „Mini-Nukes“ aus dem Werk in Dimona die Rede war: „Seit über fünfzig Jahren produziert Israel Atomwaffen im Werk in Dimona, das vor allem mit der Hilfe von Frankreich und den Vereinigten Staaten gebaut wurde. Es unterliegt keiner Kontrolle, da Israel, die einzige Atommacht im Nahen Osten, nicht dem Atomwaffensperrvertrag unterliegt, den der Iran vor fünfzig Jahren unterzeichnete. (…) Israel hat heute (ohne es zuzugeben) ein Arsenal von geschätzten 100 bis 400 Atomwaffen, einschließlich Mini-Nukes der neuen Generation, sowie Neutronenbomben und produziert Plutonium und Tritium in solchen Mengen, die ausreichen, um Hunderte mehr zu bauen.“

Dabei soll in diesen Neuen Mini-Atombomben kaum noch das schmutzige Uran 238 vorhanden sein, sondern ein sehr kleiner Kern fast reines Plutonium für die Kernreaktion sorgen. Da das Plutonium nur „Alpha-Strahlen“ emittiert, würden Geigerzähler darauf nicht anspringen.

Man weiß, dass Gammastrahlen fast alles durchdringen und unendlich weit „laufen“. Der Gammablitz eines sterbenden Sterns könnte nach Lichtjahren mit vernichtenden Folgen auf der Erde auftreffen. Beta-Strahlen sind im Prinzip Elektronen und werden schon leichter aufgehalten. Alpha-Strahlung kann sich nur einige Meter ausbreiten und vermag nicht durch die menschliche Haut zu dringen, aber eingeatmet oder verschluckt im Körper ist sie besonders zerstörerisch. Plutonium ist der giftigste bekannte Stoff. (Neutronen sind gar gleichzeitig durchdringend und zerstörend. Darum war die (Uran-)Atombombe von Hiroshima viel tödlicher für die Menschen, als die (Plutonium-)Atombombe von Nagasaki).

Es ist also sehr schwierig festzustellen, ob es sich bei der Explosion in Beirut wirklich um eine Mini-Atombombe gehandelt hat.

Es gibt mehrere Fotos, die angeblich echt sind und nicht bearbeitet, auf denen man Raketen (es sollen Delilahs sein) sieht, die aber sehr intensiv den Eindruck machen, hineinkopiert worden zu sein:

Auf Twitter wurde ein Video veröffentlicht, das den Abwurf der Mini-Atombombe zeigen soll. Hier sieht es in der ersten Einstellung, von unten gegen die Drohne, wirklich so aus, als sei nur ein Gegenstand in Bierdosengröße fallen gelassen worden. In der zweiten Einstellung, im letzten Drittel des Videos, aus einiger Entfernung, kann es aber diese Bierdose nicht gewesen sein, denn dieser Gegenstand „fällt“ nicht senkrecht herunter, sondern fliegt einer schrägen Schussbahn in sein Ziel. Und das, was da fliegt, ist definitiv größer als eine Bierdose.

Diese „pilzartige“ Explosion ist zwar genau das Bild, was wir alle unter Atompilz kennen, nach Aussage von Experten soll das allerdings nicht nur bei Atomexplosionen so aussehen. Diese Art von Pilzwolke heißt unter Fachleuten „Wilson-Wolke“. Laut Wikipedia ist eine Wilson-Wolke eine Wolke aus Wassernebel, die infolge der Druckänderungen bei einer starken Explosion entsteht:

„Bei der Explosion einer Nuklearwaffe oder einer großen Menge konventionellen Sprengstoffs bildet sich eine starke Stoßwelle in der Luft aus. Dem verdichtenden Teil der Druckwelle folgt dabei ein entspannender, an dem der Druck und die Temperatur der Luft unter den Kondensationspunkt von Wasser fällt. Der in der Luft vorhandene Wasserdampf kondensiert dabei und bildet einen Nebel. Normalisiert sich der Druck wieder, löst sich auch die Wolke wieder auf. (…)  Die zu Beginn kuppelförmige Wilson-Wolke zerfällt später zu einer ringförmigen Wolke bevor sie sich endgültig auflöst.

Es meldeten sich auch Experten für Nuklearwaffen, wie Vipin Narang, die der atomaren These widersprachen:

Einige davon meinten, dass eine nukleare Explosion enorme Hautverbrennungen bei den Menschen hätte verursachen müssen. Ob das allerdings auch bei einer Plutonium-Minibombe so wäre, wurde nicht diskutiert. Der fehlende radioaktive Fallout, der ebenfalls gegen die These einer Atombombe angeführt wurde, ist, wie bereits beschrieben, womöglich auf die neue Plutoniumbomben-Generation zurückzuführen.

Letztendlich kann man aufgrund der vorliegenden Fakten und Daten offensichtlich noch nicht mit Sicherheit sagen, ob es wirklich nur eine Ammoniumnitrat-Explosion war, die durch entzündetes Feuerwerk verursacht wurde oder ein Angriff. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Es müssen nicht die Israelis gewesen sein.

In einem zweiten Artikel, ebenfalls vom 07. August 2020 beruft Veterans Today sich auf eine Geheimdienstquelle. Diese Quelle gibt an zu wissen, wie der (angebliche) israelische Angriff gelaufen sein soll. Die ganze Sache sei jahrelang geplant gewesen. Das angebliche Ammoniumnitrat sei möglicherweise irgendein Sand oder anderes Material, über mehrere nicht nachvollziehbare Quellen und mit falschen Frachtpapieren aus Georgia nach Beirut gekommen. Seiner Meinung nach habe entweder der Mossad oder die CIA die ganze Sache geplant und durchgezogen. Man habe ganz gezielt das angebliche Ammoniumnitrat-Sprengstofflager im Beiruter Hafen durch eine trickreiche Operation hergestellt, um einen Deckmantel für ihren Angriff zu haben.

Der Geheimdienstmann hält es für ausgeschlossen, dass der Beiruter Hafen eine ganze, teure Lagerhalle kostenlos jahrelang voll mit säckeweise Zeug liegen lässt, ohne jede Bezahlung. Und wenn die Miete ausbleibe, würde das Zeug nach einem Jahr versteigert. Außerdem wisse die Hisbollah ganz genau, was in den Lagerhallen liegt und er meint, dass die Hisbollah schon nach den ersten Monaten das sprengstofffähige Ammoniumnitrat geplündert hätte – auch weitere Dutzend von Milizen und Schmugglerbanden „und ihre 17 Cousins“ hätten sich das Zeug geholt. Man müsse überdies wissen, dass da im Hafen jede Menge israelischer Agenten beschäftigt sei, die ebenso über alles Bescheid wüssten und überall ihre Finger drin haben. Er würde es nicht für ausgeschlossen halten, dass die ganze Operation eine Gemeinschaftsaktion der Israelis zusammen mit den USA gewesen sei.

Hier kommt das große, chinesische Jahrtausendprojekt ins Spiel: Die Neue Seidenstraße:

China in GefahrDenn im Aufbau des großen Neue-Seidenstraße-Projekts Chinas spielt der Hafen von Beirut eine wichtige Rolle, gerade beim Handel mit Europa. Die staatliche chinesische Schifffahrtsgruppe COSCO fährt seit einem Jahr auf der neuen Route von China ins Mittelmeer libanesische Häfen an. China hat in den letzten Jahren laut den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sechs Delegationen in den Libanon geschickt und ein „Konfuzius-Institut“ in Beirut gegründet. Chinas Botschafter Wang Kejian schmeichelte dem Libanon und sagte, „Der Libanon kann zu einer bezaubernden Perle der Neuen Seidenstraße werden“. Beirut würde für die Seewege der Neuen Seidenstraße, auch das „One Belt one Road Projekt“ genannt, eine bedeutende Rolle spielen.

Dass China die Explosionen von Beirut durchaus als gegen das Seidenstraßenprojekt gerichtet sieht, zeigt sich darin, dass Peking nach der Katastrophe von Beirut sofortige Sicherheitsmaßnahmen für seine eigenen Häfen ergriffen hat. Einem Bericht der Global Times zufolge ordnete Peking noch am selben Tag eine Sicherheitsinspektion in seinen Häfen an, in den Industrieparks, Lagerhäusern und überall, wo gefährliche und giftige Stoffe gelagert sind. Überdies fürchtet man, dass der wichtige Umschlagplatz Libanon nicht mehr funktionstüchtig sein könnte.

Beirut ist die größte Abfertigungsstelle für die Schifffahrt im Libanon. Hier laufen die Handelsrouten aus Europa, Afrika und Asien zusammen. Von hier aus gehen die Handelsrouten zu Dutzenden von Häfen auf den drei Kontinenten und Schiffe aus 300 Häfen aus der ganzen Welt fahren hier ein und aus. Die Katastrophe von Beirut ist auch für die europäischen Seerouten ein schwerer Schlag. Der zweitgrößte libanesische Hafen, Tripolis, ist viel zu klein, um mit diesen Volumina umzugehen.

Die Tragödie von Beirut hat viele Gründe, und es gibt viele Interessen, die hier eine Rolle spielen. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, was dort wirklich geschehen ist.